Lesen ist eine der wichtigsten Grundkompetenzen. Diese Kompetenz ist nicht nur wichtig für den Schulalltag, sondern auch eine grundlegende Voraussetzung für das ganze Leben. Einfach gesagt: gut Lesekompetenz erleichtert den Zugang zu Wissen, zu Informationen und einfach voll und ganz am Leben teilzunehmen. Lesen ist die Basiskompetenz. Lesen können ist nicht nur praktisch, sondern ist auch der Schlüssel um erfolgreich und kritisch zu sein. Außerdem hat das Lesen auch noch ganz andere positive Aspekte: reduziert Stress und fördert die Entspannung, die Phantasie und die Konzentration; erweitert den Wortschatz und verbessert das Gedächtnis.
In diesem Artikel geht es nicht um allgemeine Leseförderung oder Lesemotivation durch Bücher, sondern ganz konkret um das Lesen Üben. Wie können Kinder gezielt die Lesestufe trainieren, auf der sie gerade stehen?
Damit dein Kind von Anfang an zu einem motivierten Leser wird und nicht zum Lesemuffel, habe ich in diesem Beitrag ein paar kreative Leseübungen zusammengestellt.
Lust vs. Frust beim Lesen
Mit dem Lesen ist das so eine Sache: Es gibt Kinder, die Lesen die von Anfang an gerne und dann meistens auch viel lesen. Und dann gibt es Kinder, denen fällt das Lesen schon von Beginn an schwer. Sie schaffen es nicht einen positiven Zugang zum Lesen zu finden. Schließlich wird das Lesen vermieden.
Fakt ist: Es beginnt entweder eine Positiv- oder eine Negativspirale.
Die Positiv-Spirale, der Idealfall: Ein Kind, das gerne liest, dem fällt das Lesen von vornherein leicht. Eine Sache die dir Spaß und Freude macht, tust du dann öfters. Das Resultat ist: man wird besser. Ein Kind das gerne liest, greift öfter zum Buch. Somit verbessert sich sein Wortschatz (ebenso Sichtwortschatz) und die Leseflüssigkeit, also das Lesetempo. Inhalte werden so einfacher und schneller erfasst. Es entwickelt sich eine hohe Lesekompetenz.
Die Negativspirale: Ein Kind, das nicht so gerne liest, wird seine Gründe haben. Wahrscheinlich hat es Schwierigkeiten die Laute automatisert zu erkennen und die Laute zusammenzuziehen. Dadurch liest es die Wörter sehr langsam und schließlich fällt es auch schwer den Inhalt zu verstehen. Das Lesen stellt eine große Hürde für dein Kind dar. Nur die Laute zu erkennen und diese zu Silben oder Wörter zusammenzuziehen, erfordert ein hohes Maß an Konzentration und Anstrengung. Zum Schluss weiß dein Kind nicht mehr, was es gelesen hat und verliert den Mut und die Motivation weiter zu lesen. Mit dem Ergebnis, den Wortschatz sowie den Sichtwortschatz nicht weiter auszubauen. Die Leseflüssigkeit bleibt weiterhin stockend und auch der Inhalt des Textes bleibt ein Rätsel. So macht Lesen keinen Spaß!
Eins ist klar, nur wer oft und regelmäßig liest, kann seine Lesekompetenz verbessern. Also wie kannst du dein Kind zum Lesen motivieren?
Was ist Lesekompetenz?
Was ist eigentlich die Lesekompetenz und was gehört alles dazu? Ganz kurz möchte ich nur darauf eingehen, was im Groben zu der Fertigkeit Lesen dazugehört.
Erstens ist es das Entschlüsseln oder auch decodieren von Buchstaben bzw. Lauten, dann Silben und Wörter. Weiter geht es mit dem Lesen von Sätzen und Texten. Dazu zählt dann auch, die Sätze oder Texte mit einer gewissen Flüssigkeit und in angemessener Geschwindigkeit zu lesen. Und schließlich ebenso mit einer angemessenen Betonung bzw. mit Gefühl zu lesen.
Ein weiterer wichtiger Bereich der Lesekompetenz ist nicht nur das Lesen an sich, sondern auch den Text und den Inhalt zu verstehen.
Kann der Text erlesen und auch der Sinn entnommen werden, zählt zu der Lesekompetenz ebenso das kritische Auseinandersetzen mit dem Inhalt. Genau deswegen ist das Lesen auch so wichtig, denn es ermöglicht uns, am Leben Teil zu haben, Wissen und Informationen zu erhalten, aber auch zum Beispiel Fakten von Meinungen zu unterscheiden.
Lesen lernen, Schritt für Schritt
Das Lesen ist eine sehr komplexe Fähigkeit, die aus vielen Teilschritten und Aufgaben besteht. Der Aufbau der Lesekompetenz erfolgt stufenweise und aufeinander aufbauend. Deswegen ist es so wichtig herauszufinden, auf welcher Stufe dein Kind steht und genau da anzusetzen.
Den häufig ist es so, dass schlechte Leser bzw. nicht gerne Leser bestimmte Teilbereiche noch nicht automatisiert haben. Deswegen ist das Lesen für sie so anstrengend. Also gilt es, eine Lesestufe nach der anderen aufzubauen und zu automatisieren. Und so Schritt für Schritt aus einem Lesemuffel eine Leseratte zu machen. Zumindest eine Teilzeit-Leseratte. 😉
Damit aus dem Lesemuffel eine Leseratte wird, braucht es vor allem Motivation. Dafür ist es notwendig, Abwechslung in das „klassische Leselernen“ reinzubringen. Wir müssen uns nicht immer nur ein Buch in die Hand nehmen, um das Lesen zu üben. Ich stelle euch hier ein paar alternative Übungen vor. Damit ihr das Lesen von Anfang an auf einer spielerischen und kreativen Art üben könnt. Und hoffentlich die Leselust bei euren Kindern erweckt.
Laute/ Buchstaben erkennen
Die wichtigste Voraussetzung fürs Lesen, ist das Erkennen der Laute. Notwendig ist es hier zwischen Laute und Buchstaben zu unterscheiden. Tatsächlich ist es für das Lesen basal, die Laute zu erkennen und weniger die Buchstaben. Ist dein Kind jedoch schon älter und benennt eher die Buchstaben, dann darf es auch die Buchstaben benennen. Bitte achtet darauf, dass Buchstaben und Laute nicht zu vermischen.
Also die erste Stufe ist das automatisierte Erkennen, man sagt auch decodieren, der Laute. Alle Laute müssen deinem Kind bekannt sein und der richtige Laut dazu ausgesprochen werden.
Tipp: „Buchstabenfühlen“

Wie kannst du das kerativ üben, ohne das euch die Buchstaben bald zu den Ohren rauskommen? Eine schöne und sensomotorische Übung ist das „Buchstabenfühlen“. Dazu könnt ihr euch einfach 3D Sticker besorgen und diese auf einem etwas größeren Blatt (A4) verteilen. Ist dein Kind noch relativ am Anfang, dann erarbeitet die Groß- und Kleinbuchstaben unbedingt getrennt. Zu Beginn kannst du erstmal nur auf verschiedene Buchstaben zeigen und dein Kind sagt den dazugehörigen Laut. Ihr könnt das auch andersherum machen und du gibst einen Laut vor und dein Kind zeigt auf den entsprechenden Buchstaben. Im dritten Schritt verbindest du deinem Kind die Augen und es fühlt die verschiedenen Buchstaben und benennt diese.
Silben lesen
Der zweite Schritt ist es die einzelnen Laute zu einer Silbe zusammenzuziehen. Und hierbei wird auch deutlich, warum es ratsam ist, mit den Lauten zu beginnen. Um Silben gut zu lesen, werden die einzelnen Laute zusammengezogen und nicht die Buchstaben.
Auch bei den Silben gibt es unterschiedliche Schwierigkeitsstufen, es ist immer ratsam vom Einfachen zum Schwierigen zu arbeiten. Für die Silben bedeutet das, beginnt mit einfachen Silben, die aus einem Vokal und einem Konsonant bestehen.(z.B. ma, la, ba, en, el, fi etc)
Tipp: „Silbenhüpfen“

Eine Übung um das Silbenlesen zu trainieren ist das „Silbenhüpfen“. Schreibt verschiedene Silben auf kleine Zettel und legt diese auf dem Boden aus. Auch bei dieser Übung gibt es verschiedene Varianten. So kannst du verschiedene Silben vorsagen und dein Kind hüpft auf die jeweilige Silbe. Du kannst die Übung auch steigern, indem du zuerst zwei, dann drei verschiedene Silben benennst. Dein Kind hüpft dann auf diese Silben nacheinander. Somit trainiert ihr auch seine Merkfähigkeit.
Eine weitere Variante ist, dass dein Kind selbständig von Silbe zu Silbe hüpft und dabei die Silbe laut vorliest. Klappt das immer besser, könnt ihr das Silbenlesen dann auch mal auf Zeit probieren und einen Timer dazunehmen. Vielleicht fallen auch noch weitere Varianten ein. Die darfst du gerne unten in den Kommentaren mit uns teilen.
Wörter lesen
Kann dein Kind schon sicher die Laute und die Silben lesen, könnt ihr auf die nächste Stufe steigen: Wörter lesen. Denn beim Wörter lesen und werden meist mehrere Silben zusammengezogen und es entsteht ein Wort. Das ist schon eine komplexe Leistung, insbesondere für Leseanfänger.
Tipp: Sichtwortschatz aufbauen
Um Leseanfängern das Lesen zu erleichtern, ist es gut einen gewissen Sichtwortschatz aufzubauen. Sichtwortschatz bedeutet, dass häufige Wörter auf einen Blick erkannt werden. Ein gut gefestigeter Sichtwortschatz aus häufigen Wörtern erleichtert das Lesen erheblich. Werden diese häufigen Wörter schon schnell erkannt, hilft das deinem Kind seine Leseflüssigkeit zu verbessern.
Um das Lesen auf der Wortebene zu üben, kannst kleine Wortkarten mit den zu übenden Wörtern anfertigen. Auch hier lieber wieder kleine Häppchen, als zu große oder zuviele Wörter auf einmal. Zum Beispiel könnt ihr euch auf neun (3×3) oder 16 (4×4) Wörter einigen. Davon fertigst du zwei Sätze von den jeweiligen Wörtern an. Achte bitte auch darauf, dass sie in der Schrift geschrieben sind, wie sie in der Schule benutzt wird.

Mit diesen Wortpaaren gibt es zwei Übungsmöglichkeiten: Memory oder 3 Gewinnt. (Oder auch 4 Gewinnt)
Memory
Für das Memory mischt beide Sets gut und verdeckt auf dem Tisch verteilt. Deckt jeweils immer zwei Karten auf und lest diese laut vor. Ergeben die beiden Karten ein Paar, so dürfen die Karten behalten werden. Diese Übung spielt man nach den bekannten Memory-Spielregeln.
3 Gewinnt
Bei 3 Gewinnt (oder 4 Gewinnt), erhält jeder Spieler ein Set der zu lernden Wörter. Diese legt ihr in gleichen Anzahl an Reihen und Spalten vor euch hin. Nun liest ein Spieler ein Wort laut vor und fragt, ob es der andere hat. Natürlich hat er die Karte und muss diese dann umdrehen. Wer zuerst eine waagerechte, senkrechte oder auch diagonale Reihe umgedreht hat, gewinnt.
Beide Spiele erfordern, dass die zu lernenden Wörter immer wieder neu gelesen werden. Auf ganz natürliche und spielerische Art ergeben sich dabei viele Lesewiederholungen. Das bringt definitiv mehr Abwechslung und Spaß, als eine Zeile mit 3x den selben Wort zu lesen.
Texte lesen und Leseflüssigkeit
Um die Leseflüssigkeit zu trainieren, eignen sich insbesondere Texte, die den Interessen deines Kindes entsprechen. Gerade bei Leseanfängern ist es förderlich darauf zu achten, dass die Schrift groß genug und ansprechend gestaltet ist. Zu Beginn ist es förderlich, darauf zu achten einfache Texte herauszusuchen.
Tipp: „1-Minuten-Lesen“
Eine sehr beliebte Übung ist das „1 Minuten-Lesen“. Das hat zwei Gründe: die Übung ist sehr kurzweilig und der Erfolg wird für die Kinder sofort sichtbar.
Der selbe Text wird drei mal für genau eine Minute gelesen. Nach der ersten Minute markiert die Textstelle bis zu der gelesen wurde. Dasselbe nach der zweiten Minute und der dritten Minute. Bei jeder Wiederholung wird dein Kind ein Stückchen mehr lesen und auch die Leseflüssigkeit verbessert sich. Ich habe noch kein Kind erlebt, bei dem sich nicht etwas verbessert hat.
Dadurch erhält dein Kind eine sofortige Rückmeldung über seine Verbesserung und bucht das als Erfolg ab. Außerdem erfährt es, dass es sich lohnt zu üben und es jedesmal besser wird.
Textverständnis
Um das sinnentnehmende Lesen zu üben, greife ich tatsächlich gerne auf ein gekauftes Spiel zurück. Das ist sehr beliebt bei den Kindern mit denen ich arbeite. Da nicht das „Lesen üben“ im Vordergrund steht, sondern ein „Fall“ zu lösen.
Tipp: Spiel „Cat Crimes“ (unbezahlte Werbung)

Dabei handelt es sich um das Spiel „Cat Crimes“ (selbst gekauft, unbezahlte Werbung). In dem Spiel geht es darum, herauszufinden welche Katze der Übeltäter war. Um das herauszufinden, sind auf einer Spielkarte verschiedene Hinweise, die nachgestellt werden müssen. Oftmals ist es notwendig die Hinweise mehrmals zu lesen, um sie richtig zu kombinieren und zu verstehen. Das Gelesene muss sofort mit den Spielfiguren umgesetzt werden. Damit trainiert ihr nicht nur das Leseverständnis, sondern auch das logische Denken und Schlussfolgern.
Damit sind wir schon am Ende angekommen. Das waren meine kreativen Leseübungen für die verschiedene Lesestufen. Ich hoffe ihr könnt einiges davon umsetzen. Falls ihr Fragen habt, könnt ihr euch gerne an mich wenden.
Zusammenfassung der Leseübungen
- „Buchstabenfühlen„: Buchstaben benennen, zeigen und ertasten (Lautebene)
 - „Silbenhüpfen„: Silben erkennen, lesen und merken (Silbenebene)
 - „Wörter-Memory„/ „3 Gewinnt„: Wiederholendes Lesen von Lernwörtern (Wortebene)
 - „1-Minuten Lesen„: Einen Text dreimal je eine Minute lesen (Leseflüssigkeit)
 - „Cats-Crimes„: Hinweise lesen, verstehen und kombinieren (sinnentnehmendes Lesen)
 

